Ambientale fluide Skulptur |
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Christa Steinle
(Ausschnitt aus Katalog Katharina Heinrich, Ambientale fluide Skulptur, Neue Galerie Graz am Landesmuseum Joanneum)
... Bei der skulpturalen Installation von Katharina Heinrich handelt es sich offensichtlich um eine postmoderne Skulptur im erweiterten Feld, indem sie nämlich die Logik der Moderne ausgedehnt hat und die dominierenden kulturellen Vorzeichen und künstlerischen Produktionsweisen verkehrt hat. Auch ihre Skulpturen haben keinen Sockel, sondern sind entweder Boden- oder Hängeskulpturen. Der Ort der Skulptur ist nicht mehr der Sockel und der Boden, sondern der Ort kann jeder Gegenstand sein. Die Skulptur kann über einer Stange hängen, auf einem Auto liegen, am Körper getragen werden, ein Zelt bilden wie die Arbeit im Studio der Neuen Galerie oder wie im dortigen barocken Stiegenhaus über das Geländer, die Treppen und Laternen drapiert werden oder letztlich wie ein Vorhang herunterfallen. Statt ornamental wird die Skulptur ambiental. Sie passt sich an die Umwelt an, ohne ihre Eigenständigkeit aufzugeben.
Werden die Skulpturen benützt, verlieren sie ihre Autonomie und werden zu Parasiten oder übernehmen Schutzfunktion wie bei dem segelähnlichen Zelt. Sie sind aus weichen, dynamischen Kunststoffmaterialien geflochten, haben Körperbezug nicht nur durch die Hautfarbe, sondern auch durch die Benützbarkeit. Fluid heißt sowohl flüssig wie luftig – eine Werkgruppe ist beispielsweise aufblasbar. Heinrichs Skulpturen nähern sich dem fluiden Zustand, erhalten also ihre Form durch den Körper, durch die Bewegung des Körpers, durch den Rhythmus des Atmens, durch die Bewegung und die Benützbarkeit durch den Betrachter. Die Fluidität der Skulptur entsteht durch die Biegsamkeit und Geschmeidigkeit des Materials. Statt statischer Objekte handelt es sich um flexible, bewegliche, man könnte von flexiblen Fluid-Aktanten sprechen. Diese Flexibilität und Variabilität geben den Skulpturen eine Lebensähnlichkeit, die nicht nur erzeugt wird durch die Form der Oberfläche, nicht nur von dem weichen, variablen Material, das ähnlich organischen Materialien ist, sondern die durch die Materialerweiterung erreichte Dynamik und Mobilität erinnert an organische biomorphe Systeme. Statt unbeweglich sind sie beweglich, statt abgeschlossen sind sie entwicklungsfähig. Die Skulptur könnte unendlich weitergeflochten werden.
Die Flechtbewegung, der Überkreuzungsmodus bilden ein Prinzip der unendlichen Tätigkeit. Die Skulpturen könnten sich unendlich in Raum und Zeit ausdehnen. Dies gibt der Skulptur wiederum lebensähnlichen Charakter, den Rhythmus der Wiederholung, den Puls des Lebens, wie er durch die Rhythmik des Atmens, des Herzschlags, des kordialen Pumpens des Blutes vorgegeben ist. Die beim Flechten entstehenden Strukturen und Netze werden als Verbildlichung jedes anderen Systems (Gesellschaftssystem, Computernetzwerk, menschliches Gedächtnis etc.) verstanden.
Die Flechtbewegung entsteht durch Überkreuzung und ist eine sehr stringente skulpturale Prozedur. Durch das Überkreuzen zweier Linien, durch das Verflechten entsteht ein zweidimensionales kartesianisches Koordinatensystem aus Vertikalen und Horizontalen, klassische Parameter der Raumstruktur, eben die x, y-Achsen der Fläche. Das Geflecht wird durch seine flexible Materialität und mobile Benutzerfunktionalität aus dem Zustand der Zweidimensionalität erhoben, indem es sich eben räumlich verformt und damit ein dreidimensionales Gebilde erzeugt. Die flache Plastikplane wird durch ihren Faltenwurf bzw. ihre räumliche Faltung zur Skulptur. Heinrich entwickelt also eine ästhetische und formale Sprache, die den Skulpturenbegriff um neue Materialien, neue Platzierungen und neue Benutzerformen erweitert.
(Ausschnitt aus Katalog Katharina Heinrich, Ambientale fluide Skulptur, Neue Galerie Graz am Landesmuseum Joanneum)
... Bei der skulpturalen Installation von Katharina Heinrich handelt es sich offensichtlich um eine postmoderne Skulptur im erweiterten Feld, indem sie nämlich die Logik der Moderne ausgedehnt hat und die dominierenden kulturellen Vorzeichen und künstlerischen Produktionsweisen verkehrt hat. Auch ihre Skulpturen haben keinen Sockel, sondern sind entweder Boden- oder Hängeskulpturen. Der Ort der Skulptur ist nicht mehr der Sockel und der Boden, sondern der Ort kann jeder Gegenstand sein. Die Skulptur kann über einer Stange hängen, auf einem Auto liegen, am Körper getragen werden, ein Zelt bilden wie die Arbeit im Studio der Neuen Galerie oder wie im dortigen barocken Stiegenhaus über das Geländer, die Treppen und Laternen drapiert werden oder letztlich wie ein Vorhang herunterfallen. Statt ornamental wird die Skulptur ambiental. Sie passt sich an die Umwelt an, ohne ihre Eigenständigkeit aufzugeben.
Werden die Skulpturen benützt, verlieren sie ihre Autonomie und werden zu Parasiten oder übernehmen Schutzfunktion wie bei dem segelähnlichen Zelt. Sie sind aus weichen, dynamischen Kunststoffmaterialien geflochten, haben Körperbezug nicht nur durch die Hautfarbe, sondern auch durch die Benützbarkeit. Fluid heißt sowohl flüssig wie luftig – eine Werkgruppe ist beispielsweise aufblasbar. Heinrichs Skulpturen nähern sich dem fluiden Zustand, erhalten also ihre Form durch den Körper, durch die Bewegung des Körpers, durch den Rhythmus des Atmens, durch die Bewegung und die Benützbarkeit durch den Betrachter. Die Fluidität der Skulptur entsteht durch die Biegsamkeit und Geschmeidigkeit des Materials. Statt statischer Objekte handelt es sich um flexible, bewegliche, man könnte von flexiblen Fluid-Aktanten sprechen. Diese Flexibilität und Variabilität geben den Skulpturen eine Lebensähnlichkeit, die nicht nur erzeugt wird durch die Form der Oberfläche, nicht nur von dem weichen, variablen Material, das ähnlich organischen Materialien ist, sondern die durch die Materialerweiterung erreichte Dynamik und Mobilität erinnert an organische biomorphe Systeme. Statt unbeweglich sind sie beweglich, statt abgeschlossen sind sie entwicklungsfähig. Die Skulptur könnte unendlich weitergeflochten werden.
Die Flechtbewegung, der Überkreuzungsmodus bilden ein Prinzip der unendlichen Tätigkeit. Die Skulpturen könnten sich unendlich in Raum und Zeit ausdehnen. Dies gibt der Skulptur wiederum lebensähnlichen Charakter, den Rhythmus der Wiederholung, den Puls des Lebens, wie er durch die Rhythmik des Atmens, des Herzschlags, des kordialen Pumpens des Blutes vorgegeben ist. Die beim Flechten entstehenden Strukturen und Netze werden als Verbildlichung jedes anderen Systems (Gesellschaftssystem, Computernetzwerk, menschliches Gedächtnis etc.) verstanden.
Die Flechtbewegung entsteht durch Überkreuzung und ist eine sehr stringente skulpturale Prozedur. Durch das Überkreuzen zweier Linien, durch das Verflechten entsteht ein zweidimensionales kartesianisches Koordinatensystem aus Vertikalen und Horizontalen, klassische Parameter der Raumstruktur, eben die x, y-Achsen der Fläche. Das Geflecht wird durch seine flexible Materialität und mobile Benutzerfunktionalität aus dem Zustand der Zweidimensionalität erhoben, indem es sich eben räumlich verformt und damit ein dreidimensionales Gebilde erzeugt. Die flache Plastikplane wird durch ihren Faltenwurf bzw. ihre räumliche Faltung zur Skulptur. Heinrich entwickelt also eine ästhetische und formale Sprache, die den Skulpturenbegriff um neue Materialien, neue Platzierungen und neue Benutzerformen erweitert.